Stegemann: Braunschweig ist jetzt besser auf harten Winter vorbereitet

Mit umfangreichen organisatorischen Änderungen, einer Ausweitung des Winterdienstes auf Radwegen, verbessertem Winterdienst vor städtischen Liegenschaften, einer intensiven Öffentlichkeitsarbeit und schärferen Kontrollen vor eigenen wie vor privaten Grundstücken reagiert die Stadtverwaltung auf Beschwerden über zu viel Schnee und Eis auf Straßen und Gehwegen im vergangenen Winter. Der neue Finanz- und Liegenschaftsdezernent Ulrich Stegemann stellte heute die Ergebnisse einer Arbeitsgruppe vor, die Fehler und Versäumnisse des vergangenen Winters analysiert und Vorschläge für Verbesserungen gemacht hat.

„Das Winterwetter war von Mitte Dezember 2009 an drei Monate lang extrem und hat allen Beteiligten, auch der Stadtverwaltung und ALBA, große Probleme bereitet“, sagte Stegemann. Wegen der anhaltend starken Schneefälle hatte die ALBA Braunschweig GmbH die Straßen der ersten Priorität wie z. B. die Hamburger Straße wiederkehrend winterdienstlich zu betreuen, so dass die Straßen der Priorität 2 nur nachrangig bearbeitet werden konnten. Für viele Menschen war zudem ärgerlich, dass Gehwege vor Gebäuden nicht geräumt und vereist waren.

Insgesamt seien bei der Stadt rund 500 Hinweise und Beschwerden eingegangen. Davon bezogen sich laut Stegemann rund 200 auf mangelnden Winterdienst von Anliegern, 130 auf schlecht geräumte Nebenstraßen, 50 auf unzureichenden Winterdienst auf Radwegen. 40 bemängelten den Zustand von Straßen erster und zweiter Priorität, sechs beklagten sich über den Zustand von Überwegen und weitere 80 über Schnee und Eis an Haltestellen und mangelnde Öffentlichkeitsarbeit.

Die Stadt hatte aufgrund der Kritik eine Arbeitsgruppe einberufen, die in den vergangenen Monaten intensiv Probleme analysiert und Verbesserungen erarbeitet hat. Ein wichtiger Punkt war dabei die Organisation des Winterdienstes auf Gehwegen bzw. kombinierten Geh- und Radwegen, den die Stadtverwaltung vor eigenen Grundstücken verrichten muss. Dabei handelt es sich z. B. um Grünflächen, Schulen, Verwaltungsgebäude, Sehenswürdigkeiten oder anderen Grundbesitz, für die unterschiedliche Fachbereiche zuständig sind und für die mitunter auch private Firmen den Winterdienst leisten.

„Derzeit optimiert die Verwaltung den Winterdienst auf den Flächen vor ihren Liegenschaften, damit unabhängig von den Zuständigkeiten möglichst effizient an einem Stück geräumt werden kann“, fuhr Stegemann fort. Das neue Konzept werde sich allerdings erst dann komplett umsetzen lassen, wenn bestehende Verträge mit Firmen – größtenteils erst im Frühjahr 2011 – ausgelaufen sind und neu ausgeschrieben werden kann.

Zwei wichtige Änderungen sind gleichwohl bereits gestern bei einem Gespräch mit zwei privaten Winterdienstleistern vereinbart worden, die für die Liegenschaften des Fachbereichs Finanzen verantwortlich. Die eine mit Sitz in Hannover wird künftig einen Subunternehmer aus Braunschweig beauftragen, der schneller vor Ort sein kann. Der andere hat zugesichert, seine Leistungen zu verbessern und dafür bei gleichem Preis Material und Personal aufgestockt.

„Beide Unternehmen werden uns wöchentlich Einsatzprotokolle vorlegen, damit wir genau überprüfen können, ob der Winterdienst wirklich erledigt wurde“, sagte Stegemann. „Fallen Mängel auf, werden die beauftragten Firmen sofort gerügt“, kündigte der Dezernent an. „Erstmals haben wir für diesen Winter darüber hinaus weitere Firmen als „Krisenreaktionskräfte“ für städtische Liegenschaften beauftragt, die einspringen, wenn unsere eigentlichen Dienstleister ausfallen oder aufgrund von besonders schweren Schneefällen das Pensum nicht allein schaffen.“

Wie die Stadtverwaltung werde die Verkehrs-AG auf Reinigungsversäumnisse an ihren Haltestellen reagieren, sagte Vorstand Georg Hohmann. Alles in allem habe der Winterdienst unter Berücksichtigung dauerhafter Schneefälle zwar gut funktioniert, dennoch habe es aber zu Recht einige Beschwerden gegeben, da der Winterdienst zu spät eingesetzt hatte und Warteflächen vereist waren. Die Verkehrs-AG habe sich intensiv mit den Problemen beschäftigt und die beauftragten Firmen für ein zügigeres Eingreifen verpflichtet. Er sei sich bewusst, dass die gute Erreichbarkeit von Bus und Bahn gerade in harten Wintern entscheidend sei, da viele Menschen ihr Auto stehen lassen müssten. Natürlich sei bei extremen Wetterverhältnissen dem Einsatz von Bussen und Bahnen auch Grenzen gesetzt.

Ein weiterer Punkt war die Räumung von Radwegen und Nebenstraßen. Für die Schneeräumung auf Radwegen haben Stadt und ALBA neue Prioritäten gesetzt und folgen damit Vorschlägen des Allgemeinen Deutschen Fahrrad Club (ADFC). „Wir werden auch Geld in die Hand nehmen, um eine spürbare Verbesserung der Sicherheit für Radfahrer zu erreichen“, sagte Stegemann. Es würden voraussichtlich Mehrkosten in Höhe von mehreren zehntausend Euro entstehen, so der Dezernent. Derzeit prüfe die Stadtverwaltung Angebote.

Vorrang hätten danach künftig Radwege an Straßen mit hohem Verkehrsaufkommen. Waren es bisher 37 Kilometer Radwege in der ersten Priorität, die geräumt worden, so sind es jetzt 62 Kilometer. Dazu gehören die wesentlichen Einfallstraßen in die Innenstadt, der Wilhelminische Ring und die Innenstadt selbst. Ziel soll es sein, bei Schneefall und Glättebildung noch am gleichen Tag zu räumen. Radwege an Straßen, bei denen aufgrund des geringen Verkehrsaufkommens den Radfahrern zugemutet werden kann, auf der Fahrbahn zu fahren, werden nachrangig behandelt.

Dr. Sven Wöhler vom ADFC begrüßte das von der Stadtverwaltung erarbeitete Konzept. „Dies wird im Vergleich zum Vorjahr deutliche Verbesserungen für den Radverkehr in Braunschweig ermöglichen.“

Was die Fahrbahnen von Nebenstraßen angehe, sagte der Geschäftsführer der ALBA Braunschweig GmbH, Andreas Gérard, dass das Unternehmen den Einsatz von Fremdfirmen auf Straßen der dritten Priorität (Nebenstraßen) nach der letzten Saison nochmals optimiert hat. Dazu zählt die Neuverpflichtung eines Subunternehmers für den Süden der Stadt und eine Veränderung innerhalb der gesamten Räumpläne.

Es bleibe allerdings bei der grundsätzlichen Regelung, so machte Gérard deutlich, dass Nebenstraßen erst dann geräumt werden, wenn katastrophenähnliche Zustände vorherrschen und Feuerwehr, Polizei oder Rettungswagen an der Durchfahrt gehindert sind. Dann werde ALBA Fremdfirmen beauftragen, denn bei starkem und lang anhaltendem Schneefall sei ALBA mit der Räumung der Hauptverkehrsstraßen vollständig in Anspruch genommen. Diese freizuhalten sei der gesetzliche Auftrag der Stadt und dies sei auch der Auftrag der Stadt an ALBA.

Bei der Schneeräumung auf Straßen habe die Stadt in mehreren Bereichen Streckenabschnitte mit einer Gesamtlänge von zehn Kilometern mit der niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr getauscht, so dass unabhängig von der Stadtgrenze und von Zuständigkeiten so einfach und schnell wie möglich geräumt werden kann, erläuterte Gérard.

Nach wie vor könnten von der Stadt aus Kostengründen nicht sämtliche der rund 1.100 Straßenüberwege in der Stadt frei von Schnee und Eis gehalten werden, sondern nur die verkehrswichtigen Stellen, fuhr Stegemann fort. Allerdings überprüfe eine Arbeitsgruppe derzeit die Zuständigkeiten und wird die Zahl der zu räumenden Stellen gegebenenfalls korrigieren, damit ein lückenloses Netz möglichst kurzer Wege entsteht. Bis Mitte November solle die aktualisierte Liste fertig sein.

Darüber hinaus werde die Stadt eine Hotline einrichten, Telefon 470-3344, die vom Bürgertelefon der Stadtverwaltung betreut werde, und die ab 1. November geschaltet werde, so Stegemann weiter. Dort würden montags bis donnerstags von 7 bis 16.30 Uhr, freitags bis 15.30 Uhr, bei Winterwetter von 7 bis 18.00 Uhr Beschwerden angenommen, die in Zusammenarbeit mit dem Ideen- und Beschwerdemanagement innerhalb von 24 Stunden bearbeitet würden. Hinweise nimmt auch die Hotline von ALBA unter 8862-0 entgegen. Des Weiteren werde eine Email-Adresse winterdienst@braunschweig.de eingerichtet.

Neu ist auch die Einrichtung einer routinemäßigen Lagebesprechung, die von Stegemann persönlich täglich um 15 Uhr einberufen wird, sobald Winterwetter vorhergesagt wird. Dort sind neben ALBA und der Stadtverwaltung auch die Feuerwehr und die Polizei vertreten, um die aktuelle Lage und den Stand der Beschwerdebearbeitung zu erörtern. „Diese Kooperation ermöglicht ein realistisches Bild, wie es auf den Straßen der Stadt wirklich aussieht. Dann kann über die Freigabe von Streusalz auf Geh- und Radwegen ebenso flexibel entschieden werden wie über einen zusätzlichen Räumeinsatz in Nebenstraßen“, sagte der Dezernent. Bei anhaltendem Winterwetter würden aus diesem Kreis auch tägliche Pressemitteilungen zur aktuellen Lage herausgegeben.
Ein weiteres Thema betraf den Winterdienst von Grundstückseigentümern. „Auch hier gab es viele berechtigte Beschwerden, weil Grundstückseigentümer ihre Pflichten nicht kannten und den Winterdienst vernachlässigt haben“, sagte Stegemann. „Deshalb wollen wir sie jetzt besser informieren.“

„Viele Eigentümer hatten geglaubt, sie hätten sich ihrer Winterdienstpflicht entledigt, wenn diese auf Firmen oder Mieter übertragen wurde“, betonte Stegemann. „Dabei sind Eigentümer auch bei einer Übertragung von Pflichten nicht von Verantwortung frei: Sie müssen kontrollieren, ob Schnee und Eis tatsächlich beseitigt wurden.“ Nicht geräumte Nebenstraßen der dritten Kategorie seien ebenfalls kein Grund, Fußwege nicht zur Sicherheit für Fußgänger von Schnee und Eis freizuhalten.

Um über diese Pflichten besser aufzuklären, hat die Stadt in Zusammenarbeit mit ALBA ein Faltblatt erstellt, das Stegemann vorstellte. Darin sind die Pflichten der Grundstückseigentümer ebenso wie die Aufgaben von ALBA und der Stadt beschrieben, dazu kommen wichtige Telefonnummern und Internetadressen. Das Faltblatt werde jetzt in einer Auflage von 50.000 gedruckt und vor Beginn des Winters Wohnbaugesellschaften, dem Verein Haus & Grund, Bezirksräten, Ratsmitgliedern und Sportvereinen zur Verfügung gestellt, liege in Bezirksgeschäftsstellen, der Abteilung Bürgerangelegenheiten im Einwohnermeldeamt und der Bürgerberatungsstelle aus und würde zudem von der Stadt Anfang des Jahres zusammen mit den Abgabebescheiden an alle Hauseigentümer verschickt. Unter www.braunschweig.de/winterdienststeht er ab sofort zum Herunterladen bereit. Er wird auch unterwww.alba-bs.de eingestellt, dort finden sich auch Antworten auf häufig stellte gestellte Fragen zum Winterdienst.

Zudem soll das Thema Winterdienst in den kommenden Monaten in die Kampagne „Unser sauberes Braunschweig“ aufgenommen werden. Dazu wird ein Plakat erstellt. Die Stadt werde zu Beginn der kalten Jahreszeit mit einem weiteren Pressegespräch über die Räumpflichten der Eigentümer informieren. Stegemann: „Nimmt man die umfangreiche Berichterstattung der Medien über dieses Thema hinzu, wird künftig niemand mehr behaupten können, er habe von seinen Winterdienstpflichten nichts gewusst.“

Deshalb werde ALBA auch stärker als bisher darauf achten, dass Anlieger ihren Winterdienst ordentlich erledigen. Zunächst würden sie auf ihre Pflichten hingewiesen, anschließend werde kontrolliert, ob sie erfüllt sind. Dabei würde ALBA auch von den 15 Mitarbeitern des Zentralen Ordnungsdienstes und den 20 Politessen unterstützt, die bei Schnee und Eis die Erfüllung der Anliegerpflichten überprüfen werden.

„Mit diesem großen Maßnahmenpaket sind wir für den kommenden Winter besser als bisher gerüstet“, ist Finanz- und Liegenschaftsdezernent Stegemann überzeugt. „Wenn einschließlich Stadtverwaltung alle die zum Schneeschieber greifen, die dazu verpflichtet sind, wird sich die Sicherheit in unserer Stadt erhöhen und sich auch die Zahl der Beschwerden sicher erheblich verringern. Dann werden – falls er kommt – wieder mehr die schönen Seiten des Winters im Mittelpunkt stehen.“

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