„Eine Tablette ist leider keine Avocado“

Mehr als 50 Jahre hat Jürgen Wolff die Post Apotheke im Kultviertel betrieben – nun hat er sie an seinen Nachfolger übergeben

Pressemitteilung der Post Apotheke vom 17. Februar 2022

Seit 1911 gibt es die Post-Apotheke im Kiez, mehr als 50 Jahre wurde sie nun von Jürgen Wolff betrieben. Der Apotheker setzte sich nicht nur leidenschaftlich für die Pharmazie, sondern auch für die Entwicklung des Kultviertels ein. Im Rahmen der Übergabe der Apotheke blickt er zurück – wirbt indes auch mit mahnenden Worten für die Bedeutung der Gesundheit.

Braunschweig, 17. Februar 2022. Es waren seltsame Tage für Apotheker Jürgen Wolff: das Büro wurde geräumt, Verträge überschrieben und Themen weitergegeben. Ein halbes Jahrhundert war Wolff nunmehr Inhaber der Post Apotheke, auch vorher schon war sie lange in Familienhand. „Eigentlich wollte ich früher Germanistik studieren. Mit der Zeit habe ich mich aber immer mehr für den Apotheker-Beruf interessiert, engagiert und mich sehr reingehängt“, erinnert sich Wolff zurück.

So ist der Apotheker schließlich nicht nur in das Geschäft seines Vaters eingetreten – über die Jahre und Jahrzehnte trat er auch einen Schritt zurück und fing dabei an, sich mit seiner Branche insgesamt stärker auseinander zu setzen. Er machte sich stark für einen generell gesunderen Lebensstil, beriet – gewiss unüblich für einen Apotheker – umfassend zu Medikamentenreduktion und diskutierte öffentlich die Rolle der Generika (Arzneimittel, die nach Ablauf des Patentschutzes des Erstanbieters auf den Markt gebracht werden). Nicht zuletzt begann er bereits vor Jahrzehnten, sich mit anderen Ladeninhabern für das Viertel einzusetzen.

Das fehlende Bewusstsein für Medikamente

„Mit Blick auf die Medikamente kam ich irgendwann an den Punkt, an dem ich begann das System kritisch zu hinterfragen. Die Ärzte verschreiben den Patienten die Medikamente – die nehmen das als selbstverständlich hin und entwickeln oftmals kein Bewusstsein dafür.“ Die Menschen würden so zwar auf ihre Ernährung oder ihre sportliche Betätigung achten, allerdings kaum auf Herkunft, Wirkung und Nebenwirkungen von Arzneimitteln. „Die kleine Tablette ist eben nur eine kleine Tablette. Da machen wir uns über Äpfel oder Avocados wesentlich mehr Gedanken.“

Umso wichtiger sei die persönliche, umfassende Beratung vor Ort. „Bei Risiken oder Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ – auch heute ist das viel mehr als nur ein Werbeslogan. Auch Dr. Jan Carlos Quistorf, dem neuen Inhaber der Post Apotheke, ist die gute Beratung eine Herzensangelegenheit. Er erläutert: „Ich möchte grundsätzlich die vertrauensvolle Beziehung zwischen Patient und Apotheker durch eine gute Beratung stärken. Dabei ist es mein und unser Bestreben herauszustellen, wofür die Apotheke in der heutigen Zeit steht – und dem Patienten mit unserer fachlichen und sozialen Kompetenz einen Mehrwert bieten. Es ist nicht zu vergessen: Als studierter Heilberufler sind wir in der Apotheke niedrigschwellig ansprechbar.“

„Das Quartier wird dem Namen Kultviertel definitiv gerecht“

Quistorf hat die Entwicklung der Apotheke – des gesamten Viertels – schon über die vergangenen Jahre begleitet. „Seit acht Jahren bin ich Apotheker, habe im Anschluss noch eine Ausbildung zum Patentanwalt gemacht und daraufhin für zwei Jahre in einer hiesigen Kanzlei gearbeitet. Dann habe ich mich allerdings für ‚back to the roots‘ entschieden.“ Die Tradition der Apotheke, deren Geschichte weit über 100 Jahre zurück reicht, möchte er bewahren, pflegen und fortsetzen. Dabei schätzt er ganz bewusst auch den Standort: „Das Quartier hat es geschafft sich von einem leichten ‚Schmuddelimage‘ freizumachen und sich zu einem Kiez zu entwickeln, der mit vielen individuellen Cafés, Restaurants, Bekleidungs- und handwerklichen Geschäften dem Namen Kultviertel definitiv gerecht wird.“ Man merke, dass sich viele junge Anwohner oder auch Gründer ganz bewusst in dem Viertel niederlassen. „Es ist schön und macht besonders Spaß, ein Teil davon zu sein.“

Auch Wolff ist froh über den Werdegang des Kultviertels. „Das Viertel hat sich – trotz aller Herausforderungen – immer ein Stück weiter entwickelt.“ Wo früher Leerstände und Trading-Down-Effekte Sorgen bereiteten, haben sich heute neuartige Einzelhandels-Konzepte, spannende Gastronomien, Kreativagenturen und einige weitere Akteure angesiedelt. „Wir waren immer irgendwie als ‚Kümmerer‘ mit dabei.“ Mit großem Interesse wird Wolff derweil die weitere Transformation der Innenstadt verfolgen. „Heutzutage wollen die Menschen zuverlässig gleichbleibende Qualität, schnell, ohne große Umstände, mit wenig Klicks und so viel Komfort wie möglich.“ Das bedeute für die Innenstädte, dass sie sich neu erfinden müssen. „Und dabei machen die vielen inhabergeführten Geschäfte, wie man sie etwa im Magniviertel oder Kultviertel findet, eine vielfältige Innenstadt mit ihren einmaligen Geschichten ganz besonders aus.“

Die Faszination für den Berufsstand des Apothekers

Während Wolff sich auch künftig in das Kultviertel-Geschehen einbringen wird, freut sich Quistorf nun auf den Start in das neue Kapitel. „Die Übernahme der Apotheke ist für mich natürlich etwas ganz Besonderes. Generell fasziniert mich der Beruf – den ganzen Tag hat man mit vielen verschiedenen Menschen zu tun und steht bei Fragen und Problemen unterschiedlichster Arten und Fachgebiete beratend zur Seite.“ Und das möglichst persönlich, kompetent und umfassend.

Jürgen Wolff und der neue Inhaber der Post Apotheke Dr. Jan Carlos Quistorf (v.l.n.r. | Bildnachweis: Andreas Rudolph)

Weitere Informationen zur Post Apotheke gibt es unter www.postapotheke-bs.de, zum Kultviertel etwa auf www.kultviertel.de oder bei Facebook und Instagram. Die Apotheke selbst ist im Erdgeschoss des Gesundheitszentrums am Alten Bahnhof (GAB), Friedrich-Wilhelm-Straße 43/44, 38100 Braunschweig, zu finden.

„Eine Tablette ist leider keine Avocado“

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