13. September 2013
Neues Nutzungskonzept statt Rotlichtmilieu –
Kultpotenzial des Friedrich-Wilhelm-Viertels stärker herausstellen
Das Schanzenviertel in Hamburg oder der Prenzlauer Berg in Berlin sind die großen Vorbilder für das Friedrich-Wilhelm-Viertel in Braunschweig. Bis das Kultviertel sein fraglos vorhandenes Kultpotenzial tatsächlich ausschöpft, ist noch ein weiter Weg zu gehen. Wie der Masterplan dafür aussehen könnte, darüber informierten sich rund 100 Gäste beim Informationsabend des Arbeitsausschuss Innenstadt Braunschweig e. V. (AAI), der am vergangenen Mittwoch in einem Leerstand im Friedrich-Wilhelm-Viertel stattfand. AAI-Vorsitzender Volkmar von Carolath sicherte der Interessengemeinschaft Friedrich-Wilhelm-Viertel bei der Entwicklung volle Unterstützung zu und ergriff Initiative. „Öffnet die Tore der Bruchstraße“, forderte er Politik und Stadtverwaltung auf.
Zur viel beachteten und auf Anhieb sehr intensiv diskutierten Forderung, die Bruchstraße zu öffnen, schickte AAI-Vorsitzender von Carolath erläuternde Worte hinterher. Voraussetzung dafür sei selbstverständlich ein erheblich verändertes Nutzungskonzept, das mit einer derartig weitreichenden Veränderung einhergehen müsse. So ein Signal hätte große Wirkung auf die Entwicklung des Kultviertels und würde den Willen für den Aufschwung des Quartiers deutlich unterstreichen.
Gegenwärtig ist die Bruchstraße noch das Zentrum des Braunschweiger Rotlichtmilieus in Braunschweig – nicht zur Freude der Anlieger und eben auch nicht zum Nutzen ihrer Pläne, das Friedrich-Wilhelm-Viertel als Erlebnis-, Tourismus- und Handelsquartier stärker zu erschließen. Nach einer Öffnung der Eisentore, die die Straße gegenwärtig abschotten, sollten sich Cafés, Restaurants, Bars, aber auch klassische Nachtclubs und Diskotheken ansiedeln. Das neue Miteinander von Gastronomie, Handel und Kreativen könnte der Bruchstraße sowie dem gesamten Kultviertel zusätzlichen Charme verleihen. „Das Friedrich-Wilhelm-Viertel hat sein Kultpotenzial bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Braunschweig braucht mehr Mut“, kommentierte AAI-Vorsitzender von Carolath zu seinem Vorstoß.
Die Bruchstraße war bei den Bombenangriffen während des Zweiten Weltkriegs weitgehend von Zerstörung verschont geblieben. Noch heute stehen 33 historische Fachwerkhäuser aus dem Mittelalter dort Seite an Seite, so wie Braunschweig früher einmal ausgesehen hat. Das authentische Bauensemble könnte städtebaulich eine bedeutende Rolle für die Stadt spielen, wenn die Eigentümer mitspielten. Während der Vorstellung der Arbeit der Interessengemeinschaft Friedrich-Wilhelm-Viertel und des aktuellen Bundesförderprogramms „Kooperation im Quartier“ (KIQ) meinte Jürgen Wolff, Vorsitzender des Vereins: „Unser Quartier ist etwas ganz Besonderes. Braunschweig braucht unser Kultviertel im Wettbewerb mit anderen Städten, die kein Erlebnisviertel wie unseres haben.“ Und er berichtete von einer ganzen Reihe schöner Erfolge, die auf den ersten Etappen des weiten Weges seit der Gründung der Interessengemeinschaft 2007 bereits gelungen seien.
Das Quartier, jahrzehntelang eine vernachlässigte Innenstadt-Randlage, habe durch die Initiative und die daraus resultierende attraktive Ansammlung von Gastronomie und Szenebars eine erhebliche Neubelebung erfahren, erklärte Wolff. Oberste Ziele der Interessengemeinschaft seien stets eine Steigerung der Wohnlichkeit, Sicherheit und Sauberkeit. Das Image sei bereits spürbar besser geworden, was zu einer stärkeren Ansiedlung von Kreativen, Rechtsanwälten und Ärzten geführt habe. „Wir wollen eine Durchmischung des Tages- und des Abendgeschäfts erreichen“, erklärte Wolff.
Das Friedrich-Wilhelm-Viertel habe stark von der Umgestaltung des Bankplatzes profitiert und freue sich jetzt auf den Abschluss der Arbeiten am Friedrich-Wilhelm-Platz. Darüber hinaus gebe es eine Vielzahl von Initiativen mit konkreten Ideen und Anregungen zur städtebaulichen Aufwertung und Verbesserung der Aufenthaltsqualität. Dazu zählten Umgestaltungen von veralteten, teilweise auch heruntergekommenen Fassaden, neue Pflanzkübel für die Friedrich-Wilhelm-Straße mit ihren wunderschönen Häusern oder eine Begrünung von Fassaden wie etwa am Parkhaus Wallstraße.
Jürgen Wolff und seine Mitstreiter wollen jetzt intensiv gegen Leerstände angehen. „Leerstand riecht nach Untergang und Verwahrlosung“, sagt er und führt als Beispiel das leerstehende frühere Café Voigt an. Abhilfe soll die so genannte „Raumbörse“ schaffen. In diesem Projekt versammeln sich mehrere Partner, um Zwischennutzungen zu ermöglichen. Hauseigentümer und Hausverwaltungen müssten mitspielen.
Das Angebot für Zwischennutzungen richtet sich vor allem an Freiberufler sowie an kleinunternehmerische Zweige wie die vielschichtige Kunst- und Kulturszene. „Da sich leider viele Einzelhändler aus dem Viertel zurückgezogen haben, möchten wir so eine eigene urbane Kultur entwickeln“, erläuterte Wolff. Ziel bleibe natürlich, dauerhafte Nachnutzungen zu realisieren, wie das aktuell beim Gerstner-Haus gelungen sei, das seit 2011 leer gestanden hatte. Der Verkauf ist ein deutliches Lebenszeichen des Quartiers. Keine Frage, es befindet sich im Aufbruch – hin zu einem echten Kultviertel. „Ich danke dem AAI für den Vorstoß zur Umnutzung der Bruchstraße“, so Wolff. „Damit bekommt das Kultviertel in der öffentlichen Diskussion jetzt die Aufmerksamkeit, die ihm gebührt.“
Die Präsentation des AAI vom Informationsabend finden Siehier.
Die Präsentation Bundesmodellvorhaben „Kooperation im Quartier“ – Referat Stadtentwicklung und Statistik (Stadt Braunschweig) finden Sie hier.
Die Präsentation der Abteilung Stadtplanung (Stadt Braunschweig) finden Sie hier.
Die Präsentation von CoWorking finden Sie hier.
Bildnachweis
Braunschweig Stadtmarketing GmbH