Kompetent, politisch, stark

Der Arbeitsausschuss Innenstadt Braunschweig e. V. (AAI) hat sich seit seiner Gründung am 19. April 1985 zu einer kompetenten politischen und strategischen Kraft für die Zukunftsfähigkeit der Einkaufsstadt Braunschweig entwickelt. Er wird gehört, er wird gefragt – und er positioniert sich entschieden. Deswegen feiert der AAI voller Selbstvertrauen in diesem Jahr sein 30-jähriges Bestehen. Die Jubiläumsveranstaltung findet am 20. April im BZV Medienhaus statt.

Die Erfolgsgeschichte des AAI basiert für den Vorsitzenden Volkmar von Carolath vor allem auf drei Aspekten. Erstens: die gemeinsame politische Arbeit mit den Partnern Industrie- und Handelskammer Braunschweig, Einzelhandelsverband Harz-Heide e. V., Braunschweig Stadtmarketing GmbH und der Stadtverwaltung für die City, aber auch den Gesamtstandort. Zweitens: die Steigerung der Attraktivität der urbanen Innenstadt Braunschweigs, beispielsweise mit Veranstaltungen wie den themenorientierten, verkaufsoffenen Sonntagen. Und drittens: die Netzwerkarbeit im Arbeitsausschuss selbst.

Gerold Leppa, Wirtschaftsdezernent der Stadt und gleichzeitig Geschäftsführer des Stadtmarketings und der Wirtschaftsförderung, hebt besonders die Fähigkeit des AAI hervor, reflektiert und themenspezifisch Stellung zu unterschiedlichsten Fragestellungen zu beziehen und Prozesse aktiv mit zu gestalten: „Es gibt viele Initiativen, die reflexartig entweder für oder gegen etwas sind. Beim AAI ist das nicht so. Er sammelt Argumente, wägt ab und urteilt dann. Wenn man sich zum Beispiel die Ansiedlung der Schloss-Arkaden, die Entwicklung der Heinrich-der-Löwe-Kaserne oder den Bau des BraWoParks ansieht, dann hat der AAI jeweils qualifiziert mitgedacht und mit seinen Stellungnahmen auch für Veränderungen gesorgt.“ Das waren unter anderem verbesserte Rahmenbedingungen für die Innenstadt, angepasste Nutzungskonzepte, veränderte Sortimente und reduzierte Verkaufsflächen.

Der AAI fand zudem auf landespolitischer Ebene als starke Stimme des Oberzentrums Braunschweig Beachtung. Etwa in der Debatte um die Ladenöffnungszeiten mischte sich der Zusammenschluss der Innenstadtkaufleute vehement ein. So half er, die ausufernde Ausflugsort-Regelung, die ständige Sonntagsöffnungen ermöglichte, seinerzeit einzudämmen. Mit sachlich fundierten Argumenten stellte der AAI gemeinsam mit der IHK gleiche Wettbewerbsvoraussetzungen her, ohne Braunschweig als Ausflugsort zu deklarieren. Im Gegensatz zu anderen Städten sorgt der AAI in Braunschweig bei verkaufsoffenen Sonntagen auch für gemeinsame Lösungen, die für die gesamte Innenstadt gelten. An eine derart einflussreiche politische Rolle war im Frühjahr 1985 beileibe nicht zu denken, als sich in Braunschweig innerstädtische Kaufleute unter Führung des Karstadt-Geschäftsführers Gerd Linke und des Fotoeinzelhändlers Gerhard Lange zu einem „Arbeitsausschuss“ im damaligen Städtischen Verkehrsverein Braunschweig e. V. zusammenschlossen. Seinerzeit ging es in erster Linie um Werbemaßnahmen für die Innenstadt. Der Arbeitsausschuss startete Initiativen wie den Braunschweiger Nachtlauf und den Hansesonntag. Die Entscheidung, sich 1999 schließlich vom Städtischen Verkehrsverein zu lösen, begründete sich zum einen in der rechtlichen Handlungsfähigkeit. Als Teil des Städtischen Verkehrsvereins konnte der Arbeitsausschuss, trotz der intern in der Satzung geregelten Eigenständigkeit, Dritten gegenüber nicht als Partner auftreten und keine Verträge abschließen. Zum anderen hatten das Geschäftsvolumen und die wirtschaftlichen Aktivitäten, zum Beispiel in Form von Veranstaltungen, eine Größe erreicht, für die nach der bestehenden Rechtssituation im Zweifelsfall der gesamte Städtische Verkehrsverein und nicht nur das von den AAI-Mitgliedern eingebrachte Finanzvolumen gehaftet hätte. Die Gründung des eigenständigen Vereins „Arbeitsausschuss Innenstadt Braunschweig“ war somit die logische Konsequenz.

Kommunalpolitisch trat der AAI erstmals 1989 ins Rampenlicht. In Abstimmung mit der Stadtverwaltung brachte er das Zentrenkonzept Einzelhandel auf den Weg. Es steuert seither, wenn auch einige Male modifiziert, die Verteilung zwischen großflächigem Handel außerhalb der Okerumflut und kleinteiligen innerstädtischen Geschäften.

„Das Zentrenkonzept hat sich absolut bewährt. Es stellt klare Regeln auf. Dabei geht es nicht um einen Schutz für den innerstädtischen Handel, sondern vielmehr um verlässliche Richtlinien der Stadtentwicklung, die Geschäftsleute wie Investoren benötigen. Das Zentrenkonzept ist ein Instrumentarium, das für den Handel in der Stadt Braunschweig Vertrauen schafft“, verdeutlicht der amtierende AAI-Vorstandsvorsitzende von Carolath den immensen Wert.

Angesichts von aktuellen Marktbereinigungen „auf der grünen Wiese“ fordert von Carolath die Stadt in diesem Zusammenhang dazu auf, bei ihrer konsequenten Linie in der Umsetzung des Zentrenkonzepts zu bleiben und nur solche Nachnutzungen zu erlauben, die keine innenstadtrelevanten Sortimentserweiterungen beinhalten. Der AAI habe in den vergangenen Jahren mehrfach auf Überkapazitäten von Verkaufsfläche an der Peripherie hingewiesen, so von Carolath.

Der große Schub für die Entwicklung Braunschweigs hin zu zur wichtigsten Einkaufs- und Erlebnisstadt in der Region kam Ende 2003 als weitsichtige Reaktion auf die Ansiedlung der Shoppingmall „Schloss-Arkaden“. Der Rat der Stadt Braunschweig beschloss seinerzeit auf Initiative des damaligen Oberbürgermeisters Dr. Gert Hoffmann, zur Unterstützung bei der Bewältigung der neuen Herausforderung des Einzelhandels in der Innenstadt die Braunschweig Stadtmarketing GmbH zu gründen. Unter der Führung von Geschäftsführer Gerold Leppa übernahm das Stadtmarketing das operative Geschäft für den Arbeitsausschuss Innenstadt und diente als erhebliche Kraftquelle.

Ein Glücksfall, denn seither gibt es die überaus vertrauensvolle und gedeihliche Verbindung dieser beiden Institutionen. „Das professionelle Stadtmarketing war und ist ganz wichtig für die Innenstadtkaufmannschaft. Dadurch konnten wir den Standort schon vor Eröffnung der Schloss-Arkaden besser entwickeln. Von den damaligen inhaltlichen Ansätzen, von diesem großartigen Schwung jener Tage und nicht zuletzt von diesem seinerzeit gewonnen Teamgeist profitieren wir alle bis heute“, meint Volkmar von Carolath.

Und für Gerold Leppa ist die gelebte Verbindung zum AAI in ihrer Professionalität sogar eine bundesweit vorbildliche: „Wir verstehen Stadtmarketing als kooperative Stadtentwicklungspolitik. Wir wollen nicht nur nach außen etwas verkaufen, sondern gemeinsam überlegen, wo Schwächen und wo Stärken sind und wie man diese weiterentwickeln kann. Die Partnerschaft mit dem AAI ist auch deshalb so erfolgreich, weil wir einen permanenten und offenen Austausch zu allen relevanten Themen haben. Wir finden auf jede neue Herausforderung eine gemeinsame, klare und sachliche Antwort.“

Stadtmarketing und AAI setzen dabei vor allem auf harte Fakten. Dazu zählt an vorderster Stelle die Marktforschung. Seit 2008 gibt es regelmäßige Frequenzmessungen an acht markanten Punkten der Innenstadt, um Veränderungen der Besucherströme schnell zu erkennen. Seit Jahren liegen die Besucherzahlen auf einem konstant hohen Niveau und die Kundenströme zeigen, dass die gesamte Innenstadt angesteuert wird.

Die Werte für Kohlmarkt, Platz am Ritterbrunnen, Sack (vor Graff), Schlossplatz (Portikus), Schlossplatz (Übergang Magniviertel), Damm, Langer Hof und Schuhstraße bleiben trotz der Konkurrenz durch den boomenden Onlinehandel hoch. Stadtmarketing-Chef Leppa führt das insbesondere auf die enorme Erlebnisqualität der Innenstadt zurück. Ausgangspunkt waren dafür zunächst die ursprünglich vier, aktuell noch drei themenbezogenen, verkaufsoffenen Sonntage. Sie waren lange das herausragende Marketing-Instrument, aber mittlerweile bietet Braunschweig jede Menge mehr. „Ihre Attraktivität hat sich die Braunschweiger Innenstadt Stück für Stück erarbeitet. Es war nicht immer leicht, aber es hat sich gelohnt, sonst stünden wir nicht dauerhaft so stabil da“, weiß von Carolath.

Mit dem AAI-Magazin „CityZeit“ (seit 2013), dem Cityservice www.braunschweig.de/cityservice (seit 2006) oder dem Einkaufsführer (als Print von 2007 bis 2013 und online www.braunschweig.de/einkaufsfuehrer bis heute) hat der AAI zudem neue Wege in der Kommunikation eingeschlagen. Darüber hinaus trägt das gesellschaftliche Engagement der Innenstadtkaufleute zu dem geschärften Profil und der vielfältigen Wahrnehmung bei. So ist der AAI Bestandteil des „Bündnisses gegen Rechts“ und auch Initiator sozialer Projekte wie des „AAI-Wunschbaums“ (seit 2005) und der Aktion „Braunschweig zeigt Herz“ (seit 2013). All diese vielfältigen Aktivitäten zeigen deutlich: Der AAI ist längst viel mehr als eine Werbegemeinschaft.

Im Frühjahr 2003, einige Monate vor der Gründung des Stadtmarketings, stand der AAI allerdings vor einer wahren Zerreißprobe, wie sich Carl Langerfeldt, damaliger Vorstandsvorsitzender erinnert. Die Zukunft war mehr als ungewiss, ja sogar die weitere Existenz. Unvorstellbar war damals, dass der in der Sache zerstrittene AAI aus der verhärteten Debatte um das ECE-Projekt „Schloss-Arkaden“ gestärkt und einflussreicher als je zuvor hervorgehen würde.

„Der AAI vereint unterschiedliche Interessenlagen und kann insofern kein einheitliches Votum für oder gegen ein Einkaufszentrum im Schlosspark abgeben. Von den bei einer Mitgliederbefragung abgegebenen Stimmen aus dem Handel war eine Mehrheit dagegen“, heißt es in der Handlungsempfehlung vom 12. Mai 2003.

„Nur ein Handvoll Mitglieder hat sich damals für die Schloss-Arkaden ausgesprochen“, erzählt der damalige Vorstandsvorsitzende Carl Langerfeldt, einer der wenigen Befürworter aus der Kaufmannschaft. „Ohne die Schloss-Arkaden wäre der Zustrom aus dem Umland deutlich geringer“, urteilt Langerfeldt heute und sieht sich insgesamt bestätigt in seinem Votum von damals.

Für den heute amtierenden Vorstandsvorsitzenden des AAI, Volkmar von Carolath, stellte die Debatte um die Schloss-Arkaden sogar einen Wendepunkt in der politischen Kultur der Stadt dar. Breiter sei nie zuvor ein kommunalpolitischer Diskurs geführt worden als in jener Frage, ob Braunschweig eine so große Shoppingmall verträgt oder nicht. „Auch für mich waren damals die Chancen größer als die Risiken“, verdeutlicht von Carolath.

Die Basis für eine bis heute ausgezeichnet funktionierende Innenstadt waren schließlich sechs Kernforderungen der Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer (IHK), die der AAI schließlich unterstützte und die auch zu einer Beruhigung unter den Mitgliedern führte. Zu den Forderungen zählten: gestalterische Aufwertung der restlichen Innenstadt, Abbau der Barrierewirkung des Bohlwegs, Erhalt und Attraktivitätssteigerung des City-Points, 1.250 anstelle der geplanten 2.000 neuen Parkplätzen auf Parkdecks der Schloss-Arkaden, Verkehrsmanagementsystem und Weiterentwicklung des Parkleitsystems, Einhalten des Zentrenkonzepts.

Im Zusammenhang mit der damaligen Debatte zollt Volkmar von Carolath seinem Vorgänger Carl Langerfeldt höchste Anerkennung: „Er war von der Stärke Braunschweigs überzeugt. Viele glaubten damals, dass sich die Besucherströme Richtung Schloss entwickeln würden. Und obwohl er Immobilien in dem vermeintlich benachteiligten Bereich der Innenstadt besitzt, war er für die Schloss-Arkaden. Die Forderungen der IHK, an deren Entwicklung er maßgeblich beteiligt war, haben die Stadt entscheidend nach vorne gebracht.“ Carl Langerfeldt war damals nicht nur Vorstandsvorsitzender des AAI, sondern auch Vorsitzender des Handelsausschusses der IHK sowie Vizepräsident.

Angesichts von Kennzahlen über Einzelhandelszentralität, Kaufkraftzufluss und Kundenfrequenz gehörten die Schloss-Arkaden, so meint von Carolath, heute wie selbstverständlich zu Braunschweig – selbst für jene, die vorher extreme Gegner waren.

„Mit den Schloss-Arkaden konnten wir eine starke Abwanderung von Kunden in die Großstädte mit entsprechenden Einkaufspassagen verhindern. Wir haben die Chance genutzt, die Innenstadt wieder als attraktive Mitte, als Treffpunkt für viele Menschen zu entwickeln. Da spielt auch die Rekonstruktion des Schlosses als Bestandteil der Braunschweiger Identität eine Rolle. Wir haben mit gemeinsamen Anstrengungen von Einzelhandel, Gastronomie, AAI und Stadtmarketing den attraktiven Rahmen genutzt und die Aufenthaltsqualität entscheidend erhöht“, nennt Gerold Leppa, Geschäftsführer des Stadtmarketings, den Kern der Erfolgsstory.

Der AAI hat in den vergangenen Jahren eine Menge erreicht. Grund, sich auf den Lorbeeren auszuruhen, sieht der AAI-Vorstandsvorsitzende von Carolath aber auch in seiner gerade begonnenen weiteren Amtszeit nicht. „Es gibt immer Dinge, an denen wir arbeiten können, um sie zu verbessern. Aus unserer Sicht entwickelt sich zum Beispiel die Westseite des Bohlwegs nicht so, wie wir uns das bei der Eröffnung der Schloss-Arkaden gewünscht haben. Auch die Anbindung des Magniviertels über die Stobenstraße bedarf einer Verbesserung. Und das Friedrich-Wilhelm-Viertel müsste nach den gelungenen baulichen Veränderungen wie auf dem Bankplatz oder jüngst dem Friedrich-Wilhelm-Platz stärker belebt werden“, nennt von Carolath Ansätze für die Arbeit in den nächsten Jahren.

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